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Vaart Prozession

"DIE PROZESSION IST IMMER NOCH VON SEHR GROSSER BEDEUTUNG"  

Nach all den vielen Jahren ist die Heilig-Blut-Prozession in Boxmeer immer noch lebendig. Die Verehrung ist geringer geworden, aber wenn sich tausende Menschen jedes Jahr am zweitem Sonntag nach Pfingsten wegen einer Prozession versammeln, sagt das genug aus. Für Karmeliter Falco Thuis ist die "Vaart", wie die Prozession genannt wird, eine lebendige Erinnerung an die Begebenheit, die sich im Jahre 1400 in Boxmeer zugetragen haben soll. Der Karmeliterorden hat in der Vergangenheit unter anderem bei der Durchführung der Prozession eine wichtige Rolle gespielt.

Falco Thuis war zwölf Jahre in Rom der Prior-General des Karmeliterordens. Er hat durch diese Stellung eine Vielzahl von Menschen und Länder besucht. Dadurch kennt er wie kein anderer die Bedeutung der Anbetung des Blutwunders, das im Jahre 1400 in Boxmeer stattgefunden haben soll. Damals bezweifeIte ein Priester während der hl. Messe die Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi. Der Wein, so erzählt die Geschichte, sprudelte daraufhin über den Rand des Kelches auf ein Leintuch und liess darauf Spuren von Blut zurück. Dieses Tuch, Corporale genannt, wird seitdem verehrt. Es wird in einem Reliquienschrein aus dem Jahre 1482 aufbewahrt und am Vaart-Sonntag in einer wertvollen goldenen Truhe aus dem Jahre 1656 durch die Straßen von Boxmeer getragen. Dies geschieht mittlerweile schon über 600 Jahre lang, wobei das 600-jährige Jubiläum Ende Juni 2000 mit einem großartigen Jubiläumsprogramm gefeiert wurde.

EINDRUCKSVOLL!

In 1951 machte Falco Thuis als Novize und als zukünftiger Karmelitermönch zum ersten Mal für eine gewisse Zeit Bekanntschaft mit dieser, für Boxmeer typischen Tradition. Vor einigen Jahren kam er auf Bitten des Karmelitervorstands endgültig nach Boxmeer in Ostbrabant zurück. "Ich erinnere mich an die Prozession als ein eindrucksvolles Geschehen, weil damals dort in einer Woche bis zu fünf Prozessionen durch die Straßen zogen. Die Prozession war damals auch mehr eine Bet-Vaart als eine Schau-Vaart, wie man die Prozession heutzutage nennen kann. Für mich war die Verehrung der Reliquie des heiligen Blutes ein direkter Beweis für die Anwesenheit Christi während der Feier des hl. Abendmahls. Damals hatte ich keine Schwierigkeiten an das Wunder zu glauben, da es für mich eine unbestrittene Tatsache war. Als ich einige Zeit später im Karmeliterkloster in Boxmeer Philosophie studierte, hat sich mein Denken hinsichtlich der Anbetung des Blutes gewandelt. Ich erinnere mich noch daran, dass ich als Student, kritisch geworden durch alles, was mit Philosophie zu tun hat, meinen Lehrer, der die Reliquie aufbewahrte, fragte, ob man die Echtheit des geronnenen Blutes der Reliquie überhaupt einmal untersucht hat. 'Sie typisch heidnischer Philosoph, warum fragen Sie daß?’, war die Antwort meines Lehrers. Solch eine Fragestellung war zu jener Zeit unüblich. Es zu glauben war selbstverständlich und auf eine solche Art und Weise fragte man damals einfach nicht. Als junger Karmeliter habe ich erlebt, dass ganz Boxmeer wegen dieser Prozession Kopf stand; es kamen viele Busse mit Pilger nach Boxmeer, um sich die Prozession anzuschauen, zu beten und um selber in der Prozession mitzugehen. Beeinflußt durch meine Studien in Nimwegen und in Rom, sowie durch das 2. Vatikanische Konzil, bin ich zu der Erkenntnis gekommen, daß die Prozession ein umfassenderes Ereignis geworden ist. Die Anwesenheit Christi während des Gebetes ist für mich nicht mehr die zentrale Frage. Die Prozession hat für mich viel mehr die Bedeutung, wie sie auch von Christus gewünscht wurde: das Abendmahl als eine Mahlzeit zu sehen, die die Menschen zusammenbringt, sie herausfordert und anregt Christen zu sein. So sehe ich die Prozession. Die Reliquie wird von Generation zu Generation weitergegeben. Sie ist uns übergeben worden, um aufbewahrt und geehrt zu werden, als etwas Heiliges aus der Vergangenheit. Heutzutage würde ich sagen, das das damalige Zweifeln des Priesters möglicherweise auch für unser heutiges Mensch-sein sinnbildlich sein kann, weil auch wir mit der Bezeichnung hl. Abendmahl und mit der Anwesendheit Christi kämpfen. Was beschäftigt uns, was ist wichtig und was ist uns heilig in unserem Leben? Die Reliquie hilft uns, über unser derzeitiges Leben nachzudenken, daß es Hoffnung für uns gibt und dies strahlt die Prozession in all ihrer Freude, in ihrer Musik und in ihrem Symbolismus auch aus.”

FOLKLORE?
Aber paßt diese Tradition, diese Folklore, diese Prozession tatsächlich noch in die heutige Zeit? Dazu sagt Falco Thuis: "Ich denke ja. Möglicherweise ist es zur Hälfte tatsächlich Folklore, möglicherweise auch nicht. Ich nenne es lieber Frömmigkeit des Volkes. Es ist etwas ganz Besonderes, das die Anbetung, gegründet auf einer alten Legende, immer noch stattfindet. Dies überrascht mich selber auch. Gerade noch habe ich die Reliquie in ihrem herrlichen Schrein überprüft; alles mit Gold belegt. Als ich den Text noch einmal gelesen habe, der damals aufgeschrieben wurde, wunderte ich mich darüber, wie so etwas 1482 angefertigt werden konnte. Bedenken Sie bitte: Dies geschah gerade 10 Jahre bevor Chistoph Kolumbus westwärts lossegelte und Amerika entdeckte. Das ist doch riesig, oder? Das meine ich auch hinsichtlich der Tatsache, daß jährlich so viele Leute in Boxmeer motiviert sind und sich auch viel Mühe geben, daß diese Tradition nicht verloren geht. Dann kann es nicht nur Folklore sein! Darüber hinaus kann man auch noch weitere Überlegungen anstellen. Es betrifft insbesondere die Verbundenheit, die der Boxmeerer Vaart Einzigartigkeit verleiht. Ich bin selbst kein gebürtiger Einwohner von Boxmeer, aber es beeindruckt mich immer wieder, daß die Prozession jedes Jahr zu einem Familienfest wird. Die Prozession bringt Menschen zusammen um zu feiern und um miteinander solidarisch zu sein. Mit einem gelehrten theologischen Wort nenne ich dies auch ' Communio bilden’ das heißt Gemeinschaft bilden. Und das ist genau das, was auch das Abendmahl wünscht: Menschen zusammen zu bringen!"

Manchmal wird die Prozession in Boxmeer auch mit Karneval verglichen. Falco Thuis findet das überhaupt nicht. " Karneval ist etwas absolut anderes. Mit Karneval wird auf lustige Art und Weise der Ernst des Lebens relativiert. Durch Masken und dadurch, daß sich die Menschen verkleiden. Selbstverständlich ziehen sich die Teilnehmer für die Prozession auch andere Kleider an, aber ich nenne dies mehr Ankleidung und nicht Verkleidung. Außerdem verstehe ich, daß die Prozession für Außenstehende etwas merkwürdig ist. Sie verstehen diese Tradition nicht und manche finden die Prozession sogar lächerlich. Aber kann man nicht auch etwas respektieren, was man nicht versteht, nicht teilt, oder woran man sich nicht selbst beteiligt? Natürlich ist nicht mehr die Intensität von früher da, ja, sie ist schon etwas verblasst. Ich verstehe es jetzt so: die Prozession schreitet mit einer Gruppe Eingeweihter durch die Welt der Außenstehenden. Es ist nicht mehr selbstverständlich, daß die Menschen glauben; es ist eher offensichtlich, daß Leute nicht mehr glauben. Dies ist ein Grund mehr, dieses Geheimnis gut zu bewahren, zu kultivieren und zu bilden, weil die Prozession immer noch eine große Bedeutung für mich hat. Aus diesem Grund finde ich auch, daß das Jubiläumprogramm 2000 und alle Vorbereitungen, die dazu notwendig waren, kein weggeworfenes Geld oder verschwendete Energie waren. Die Prozession macht Menschen froh und lässt sie in einer Vergangenheit verweilen, die noch immer Menschen zusammenbringt, oder wie man in Großbritannien sagt: What live giving is. Und allein das ist wichtig.


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